Monthly Archive for August, 2009

Angekommen

Wir sind angekommen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Angekommen an einem traumhaften Ort inmitten der südtiroler Alpenlandschaft auf dem Vigiljoch.

Von Oberstdorf bis Meran haben uns die Füsse getragen, und hier werden wir jetzt die Seele baumeln lassen.

Letzte Etappe

Aufbruch zur letzten Etappe. Nach einem wunderschönen Abend auf der Terrasse des jahrhundertealten Tisenhofs, ein Glas Rotwein vor uns, nette Gesprächspartner neben uns und ein Alpengewitter über uns haben wir selig im Heidi-Zimmer geschlafen. Hier fühlt sich schon alles nach Südtirol an.

Letztes Ziel mit Rucksack: durchs Schnalstal hoch zum Vigiljoch.

Wanderer-Typologien

Eine Woche lang hatten wir nun Gelegenheit, unserer Mitwanderer auf dem Weg über die Alpen zu beobachten. Dabei haben wir einige Typen als idealtypisch kategorisiert:

Der verhinderte Himalaya-Aktivist:
Ihn erkennt man am nagelneuen Kochgeschirr von Globetrotter. Abends, wenn alle Wanderer in der Hütte ihren Schweinsbraten essen, entzündet er draußen fröstelnd seinen Bunsenbrenner und erwärmt eine der mitgeschleppten Konserven. Während drinnen morgens um 6:00 müde Gäste Tee schlürfen, kocht dieser Typ bereits draussen sein Trinkwasser aus dem nahe gelegenen Bach ab.

Der Pilger de Luxe:
Er meint, die DAV Hütten sind Hotels der gehobenen Mittelklasse. Er duscht mindestens 15 Minuten, ignoriert, dass Wasser ein knappes Gut ist und fordert zum Frühstück Frischobst. „Wie? Nicht mal eine Banane oder eine Birne?“

Der Siedler von Catan:
Er erobert sein Nachtlager im Sturm. Überall im Zimmer wird sorgfältig der Inhalt des Rucksacks verteilt. Zwischen den Besitztümern werden dann noch Verbindungen mithilfe von Schuhen und Handtüchern geschaffen. Er benötigt mindestens drei Lagerplätze für sich und belegt zudem das gesamte für acht Personen gedachte Regal.

Das Mufflon:
Er grüßt grundsätzlich nicht. Es ist für ihn eine Selbstverständlichkeit, dass man ihm Platz macht. An steilen Stellen passiert er unschuldige Wanderer, indem er sich am Rucksack des mühsam um Gleichgewicht ringenden Wanderers einfach wortlos festhält und vorbei balanciert. Das Mufflon ist meist deutlich übergewichtig.

Der halbstarke Gipfelstürmer:
Er hat gerade Abitur gemacht und ist aus Lloret de Mar zurückgekehrt, wie stolz Strohhut oder wahlweise T-Shirt verkünden. Meist trifft man ihn cool am Wegesrand mit einer Zigarette im Mundwinkel. Probleme hat er an steilen Wegstrecken, weil seine Hände in den Hosentaschen festgenäht sind.

Schnalstal

Wir haben uns doch von der Similaun-Hütte getrennt – nicht ohne zu beschließen, hierhin zurückzukehren. Dann mit Steigeisen und dem Vorhaben, den Similaun zu besteigen. 3 Stunden später sitzen wir im Tisenhof in Vernagt in Italien, trinken ein Glas Rotwein und können es noch nicht fassen, dass wir die Alpen überschritten haben.

Italien!

11:30 Ankunft auf 3019 Meter Höhe. Grandioser Blick auf Similaun und die Gletscher-Welt. Ötzi hat es 5300 Jahre früher genau hier erwischt, uns erwischt nur die gute Küche, die zum Bleiben einlädt.

Wir freuen uns über den ersten anständigen Espresso seit einer Woche. Was für ein Unterschied zwischen den Alpenvereinshütten nördlich dieser Grenze. Hier kocht man wie in Italien – und das in dieser Höhe. Überlegen, ob wir eine Nacht hier oben bleiben.

Auf dem Weg zu Ötzi

6:00 Wecken. Nacht im Lager war erträglich. Jetzt Aufstieg zur Similaun-Hütte auf den Spuren von Ötzi.

Martin-Busch-Hütte

Wieder 10 Stunden auf den Beinen. Nach dem endlosen Weg endlich in der Einöde angekommen. Freundlicher Empfang, alles viel angenehmer als auf der Braunschweiger Hütte.

Warum sich allerdings der größenwahnsinnige Herrmann Göring hier seinen Berghof hinklotzen wollte, bleibt unklar.

Blick auf den Similaun. Morgen geht’s auf 3000 Meter zum Ötzi.

Schäferstündchen

Endloser Ziehweg zum Martin-Busch-Haus. Karte versprach die Schäferhütte als Stärkung. Die einzigen, die sich hier stärken, sind die Schafe – wenn sie nicht schon als Hüttendeko dienen.

Vent

13:00 Ankunft in Vent, das Dorf der Farblichtbild-Vorträge. Wunderbarer 4 Stunden Weg von der Betonwüste des Tiefenbachferners bis hierher. Jetzt Kasspatzen und dann wieder rauf zur nächsten Hütte. Leichter Anstieg bis zur Martin-Busch-Hütte. Immer schon den Similaun im Blick, der morgen droht.

Die wesentlichen Dinge

Langsam relativieren sich die Dinge. Die lächerlichen Sorgen treten in den Hintergrund. Nun geht es jeden morgen um die wirklich wichtigen Dinge: habe ich ein Bett am nächsten Ort? Wo bekomm ich Trinkwasser her? Halten meine Knochen das noch aus?

Die Gruppe der Mitwanderer ist sichtbar kleiner geworden. In Zams hat so mancher lieber den Zug bestiegen. Man spürt die Anstrengung deutlich.

Jetzt weiter Richtung Rettenbachferner. Ziel heute: Martin-Busch-Hütte.

Kaiserschmarrn mit Gletscherblick

Anschauungsunterricht in Sachen Erderwärmung. Vor über 20 Jahren war ich auf dem Gletscher in grober Missachtung aller Umweltpolitik Sommer-Skifahren.

Heute sehe ich von hier oben auf den Rettenbachferner – und es wäre wohl nur noch Geröll-Skifahren möglich.

Notlager

15:30 Ankunft Braunschweiger Hütte auf 2.759 Meter Höhe. Alle Betten belegt mit Kletterkursen. Nur Notlager verfügbar in der Gaststube. Schlafen nicht vor 22:30, Wecken morgen 4:30. Merkwürdig, wo doch Alpenvereinshüttem eigentlich für durchziehende Wanderer sein sollten.

Jetzt erstmal Kaiserschmarrn und hoffen auf die Warteliste.

Update: Natürlich gab es nachher genügend Lagere und sogar Zimmer. Die Hütte wird offenbar eher geführt wie eine Kneipe, Ziel: Getränkeumsatz steigern. Viele mürrische Stimmen über die Unorganisiertheit.

Die spinnen, die Österreicher

Ein wunderbarer Morgen

Aufbruch zur Braunschweiger Hütte. Nach der angenehmen Nacht in der Lärcher-Alm gehen wir gestärkt los.

Und Wunder oh Wunder: Keine Blasen von der gestrigen (Tor-)Tour, nur ein wenig Muskelkater.

Lärcheralm

Nach 10 Stunden auf den Beinen an der Lärcheralm angekommen. Füsse spüren wir kaum noch. Die Mitwanderer zählen die Blasen.
Der Abstieg von der Seescharte war kein Kinderspiel quer durch das urtümliche Lochbachtal. Habe mich selten so platt gefühlt.
Während der gemeine E5 Wanderer in charmefreien Zams bleibt, sind wir mit letzten Kräften zur Lärcheralmhütte weitergelaufen. Mama kocht hier die besten Kasspatzen die wir jemals gegessen haben.
Jetzt todmüde ab ins Bett.

Seescharte

8:45 Seescharte. 2.600 Meter über dem Meer. Jetzt folgen fast 2000 Meter Abstieg.

Frühsport

6:00 Wecken. Die meisten Wanderer wirken nicht mehr so frisch wie am ersten Morgen. Starre Blicke in den Rother, die Bibel der Alpenüberschreiter.

Dafür klarer Himmel und kühl.

Memminger Murmeltiere

Wieder 1.200 Höhenmeter gemacht. Manuels Materialseilbahn hatte keinen Strom. Also mit vollem Gepäck hoch. Hatten uns schon zu früh gefreut. Dafür dann Walderdbeeren zu hauf. Abends Steinböcke gesehen. Und einer Murmeltierfamilie hautnah beim Spielen zugeschaut.

In der Memminger Hütte heute Notaufbettung, 180 Wanderer wollen rein. Haben zum Glück Zimmer statt Lager. Jetzt erstmal Brotzeit.

Grenzüberschreitung

8:30 Grenze zu Österreich. Österreicher haben sich das Schild gespart auf der Mädelegabel. Die Deutschen natürlich nicht.

Nebenbei gelernt, was eigentlich eine Mädelegabel ist. Möchte darüber lieber nicht schreiben.

Entseuchung

6:00 Wecken. Gut geschlafen dank Ohropax. Dann abgekochtes Wasser fassen.

Wegen Rappensee-Effekt Entseuchungshilfe per Heli aus der Luft.