Leaving Facebook

 

Ich habe das große Vergnügen und auch die Ehre, diese Woche Teil des romantic business tribes im House of Beautiful Business zu sein. Wer mir auf Twitter oder dem Hashtag #house19 die letzten Tage gefolgt ist, wird zu dem Schluss kommen, dass kaum jemand hier noch glaubt, dass Facebook zu retten ist. Nicht wirtschaftlich, sondern moralisch.

Auf der einen Seite gibt es beeindruckende Menschen wie Anand Giridharadas, Autor von „Winners Take All“,  die klar sagen: das Problem ist Zuckerberg selbst und solange er da ist, ist das Unternehmen moralisch kaputt. Statt 90 % seines unermesslichen Vermögens, dass er mit einem unanständigen Geschäftsmodell generiert hat, jetzt zu spenden, sollte man Facebook lieber zu einer public utility machen und das Unternehmen einfach zurück geben an die Gesellschaft. Ich finde die Argumentation, in den handelnden Personen das Böse zu personifizieren und den Dialog einzustellen, problematisch, was aber nicht heißt, dass man nicht Zeichen setzen kann.

Ich habe die Diskussion nun zum Anlass genommen, aus dem Facebook–Geschäftsmodell auszusteigen. Facebook selbst war leicht – das fand ich eh in den letzten zwei Jahren zunehmend uninteressanter, zuletzt habe ich nicht mal mehr reingeschaut. Härter wird jetzt WhatsApp, weil es wirklich wie eine Krake als Messenger zu allen in meinem Kommunikationsmix sitzt und diesen Knoten muss ich gewaltsam lösen. Instagram ist emotionaler, weil die Fotos für mich Quelle der Inspiration sind. Stories haben bei mir nie resoniert, daher werde ich sie nicht vermissen.

Die Herausforderung heißt also WhatsApp. Ich habe so ziemlich alle anderen Messenger auch probiert. iMessage ist in einer meiner Apple dominierten Familie und dem Bekanntenkreis eh da. Ich bleibe also erreichbar. iMessage fehlt aber – warum eigentlich? – ein smarter Weg mit Gruppen umzugehen und die fehlende Möglichkeit von Threads bzw. das Kommentieren von einzelnen Beiträgen in einem Gruppenchat fehlt mir sehr. Und da iMessage nur in der Apple Welt verfügbar ist, wäre eine zweite Plattform wünschenswert (neben den ohnehin noch verfügbaren privaten Kanälen von Twitter oder LinkedIn, die ich auch nicht beabsichtige aufzugeben)

Meine Alternative lautet daher erstmal Telegram, eine Alternative, die alles kann, was WhatsApp auch kann, mit dem Thema Gruppen gut umgeht und auf allen meinen Endgeräten gleichermaßen gut läuft – und ein Großteil meiner Kontakte scheint schon da zu sein. Threema? Ja, habe ich auch, aber da scheitern wir schon an den verschiedenen Endgeräten, die ich parallel benutze. Signal und Wire waren mal auf meinem iPhone, sind aber aus Gründen der Reduktion von Komplexität wieder rausgeflogen. Wer mich erreichen will, hat ja nun einige Alternativen.

Als ich meine Entscheidung neulich gepostet habe, ging die wilde Diskussion gleich los. Ich will daher gleich ein paar Punkte klar stellen:

  • Mir geht es nicht um ein mehr an Sicherheit. Wann und wo ich heute Abend ankomme, die Bilder vom Abendessen und die Sprachnachricht an meinen Sohn erfordert kein Hochsicherheitstool. 
  • Ja, ich weiß, Telegram und der KGB und so.
  • Nein, ich müsste nicht auch gleich noch Twitter und LinkedIn verlassen 

Mir geht es NICHT um den Verzicht auf Tools der bösen großen GAFAs (Google, Apple, Facebook, Amazon). Ich bin froh, dass es die Werkzeuge gibt und sie haben mein Leben angenehmer gemacht. Ich will darauf nicht verzichten. Ich bin bei einigen dieser Konzerne das Produkt, auch Twitter oder Google leben davon, dass sie mich analysieren und mir Werbung verkaufen. Aber keiner hat so sehr an Glaubwürdigkeit verloren und so viel gelogen wie Facebook. Und darum geht es mir. Die Rolle von Facebook bei der Beeinflussung von Wahlen oder Brexit, der Cambrigde Analytica Fall und deren häppchenweise kleinlaute Erklärung zu den Fehlern im Umgang mit meinen Daten führt bei mir dazu, auszusteigen. Dabei trifft es sich gut, dass wir zwar noch vor wenigen Jahren gefeiert haben, dass dieses Internet endlich die Macht der Medienkonzerne bricht, wir nun aber wieder eine quasimonopolistische Infrastruktur haben. Und das man dagegen auch Zeichen setzen kann. Weniger zu oft bei Amazon bestellen. Die Google Suche durch Alternativen wie Duck Duck Go ersetzen. Man kann wieder mehr auf den eigenen Seiten publizieren und weniger Content LinkedIn in den Rachen schmeißen. Und man kann eben raus aus dem Facebook Monopol.

Um Instagram werde ich ein wenig weinen, und über das WhatsApp Quasi-Monopol und die jetzt anstehenden Diskussionen mit meinen Freunden und Bekannten ärgere ich mich jetzt schon. 

Mein Telegram Shortcut hier -> http://t.me/alecmcint

 

Update 1: Leaving Instagram ist auch nicht leicht. Aber unter den Sicherheitseinstellungen gibt es einen Knopf, mit dem man seine gesamten Inhalte als Export beantragen kann. Bin gespannt, was da kommt.

3 Responses to “Leaving Facebook”


  • Respekt! In der Sache werden ohnehin nicht viele ernsthaft widersprechen. Vorausgesetzt, sie haben die Entwicklung verfolgt. In der Umsetzung verlässt uns aber schnell die Kraft: Kein WhatsApp? Unvorstellbar. Und überhaupt, wo soll das enden? Bei Google, bei Amazon, Twitter?
    Diese Frage ist sehr berechtigt. Ein Grund mehr, damit anzufangen. Außer für ausversorgte Privatiers und selbstversorgte Eremiten kann das nicht kompletten Verzicht bedeuten. Keine Frage. Und das ist – natürlich und wohltuend – ja auch gar nicht Ihr Vorsatz. Wie Sie glaube ich aber auch, dass schon viel erreicht ist, wenn wir uns der Dominanz der GAFAs nicht einfach fügen, wenn wir bewusst die Vielfalt fördern, auch mal anderswo bestellen, mehr verteilen, Algorithmen verwirren.
    Aussichtslos? Gewiss! Bin dabei! 😉

    PS: Und wenn ich noch ganz unbescheiden einen Wunsch in Richtung Politik äußern dürfte, dann wäre es der: Interoperabilität durchsetzen. Mehr bräuchte es vermutlich nicht.

  • Lieber Thomas Hentschel, danke für das Feedback. Und schön, dass Sie dabei sind!

  • Hallo Alexander,
    Du bist also auch den Schritt gegangen. Seit nunmehr einem Jahr bin ich aus den Facebook-Tools ausgestiegen. Es geht, auch wenn die Nicht-Nutzung von WhatsApp manchmal (z.B. in banalen Themen Termine in meiner Tennis-Gruppe vereinbaren) manchmal schwierig ist. Doch ich nehme in meinem Umfeld wahr, dass immer mehr Leute auch auf Alternativen gehen.
    Und ansonsten gilt wie Du schreibst: Die entsprechenden Tools auch von Google oder Amazon halt so wenig wie möglich nutzen.
    Talk to you on Telegram, iMessage oder was auch immer. Man liest und hört sich.
    Stefan

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